Freitag, 24. August 2012

Gefühlstot

Wieder ein Gespräch mitgehört. Meine Mutter am Telefon. Mit meiner Tante. Ich wollte eigentlich in die Küche gehen. Und blieb stehen im Gang, als ich ihre wütende Stimme aus dem Wohnzimmer höre. Das Thema war ich. Wie so oft, mal wieder. Und es tut jedes Mal wieder weh. Zu hören was sie über mich denkt, wie sie über mich schimpft, wie sie mir die Schuld an allem gibt und sich selbst keine. Das hat sie gesagt, dass sie selbst doch gar keine Schuld hat, und sich so mies und ungerecht behandelt fühlt. Ich stand da, im sterbenden Tageslicht das noch durch die Fenster schien, und hab mir fest auf die Lippe gebissen um nicht zu heulen. 
Sie erträgt mich nicht mehr. Ich kriege gar nichts auf die Reihe. Ich würde sie hassen und jeden Tag beschimpfen. Ich würde ihr das Leben vermiesen und sie krank machen, sie erträgt das nicht mehr. So kann und wird es nicht weitergehen. Und so weiter. Dinge, die ich nicht wiederholen will weil sie zu weh tun.
Und im Gang stand das Mädchen, das ich bin, wie erstarrt und zu Eis gefroren, während bestimmt eine halbe Stunde vergeht. Unfähig einfach wegzugehen, denn sie weis vergessen kann sie sowieso nicht, was sie hier hört. Gefühllos, wie betäubt, steht sie da und die Worte brennen sich in ihren Kopf. Augen aufgerissen, angespannt, Angst. 
Als sie in ihr Zimmer geht, ist es schon dunkel. Und dunkel ist es auch in ihr. Sie will weinen, doch es geht nicht. Gefühlstot, nicht eine Träne. Nur Angst. Und etwas in ihr, das weh tut, so weh. Sie kann nicht mehr. Dreht laut Musik auf und zieht die kleine Schachtel mit der Rasierklinge aus ihrem Versteck. Und versinkt in einem roten Strudel aus Schnitten, Blut,  hämmernden Bässen in ihrem Kopf, will nur eines und zwar vergessen. Schmerz vermischt sich mit Gedankenwirbel und toten Träumen, sie fühlt dass sie noch da ist, und zugleich schon lange fort. Gefühlstot  und verloren.

1 Kommentar:

  1. Danke schön! :)

    Du hast so Recht, mit dem was du geschrieben hast. Vielen Dank. <3

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